Tova und die Sache mit der Liebe by Karla Schneider

Tova und die Sache mit der Liebe by Karla Schneider

Autor:Karla Schneider [Schneider, Karla]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3446243151
Google: 0a5xnAEACAAJ
Herausgeber: Hanser, Carl GmbH + Company
veröffentlicht: 2013-09-29T22:00:00+00:00


VERLIEBTE NEIGEN

ZUM VERGOLDEN

Morgens konnten wir jetzt nicht früh genug aus dem Haus, denn keiner von uns fühlte sich dort mehr richtig sicher und aufgehoben. Jederzeit konnte es ja passieren, dass meiner Mutter »die Last« ihrer drei Kinder von den Schultern genommen würde.

Auch meine Mutter selbst zeigte neuerdings einen Hang, nicht da zu sein. Sie hängte für solche Fälle eine Schiefertafel neben die Wohnungstür, mit einem angebundenen Stück Kreide, sodass eventuelle Kunden ihre Wünsche notieren konnten. Sie musste »unbedingt mal wieder ins Stadtbad«. Oder zu den Moosfrauen. Einkäufe zogen sich außergewöhnlich lange hin.

Kam sie dann heim, fand sie nicht selten eine traurige Notiz wie: Bitte klein Kranz für Traudi Michels, nicht über … Dann folgte eine Preisvorstellung. Denn die Bräune forderte nach wie vor Opfer. Der Winter hatte ja kaum begonnen.

Großvater behauptete zwar steif und fest, dass ein Vater nach so vielen Jahren des Nicht-Kümmerns jedes Recht verloren habe. Aber er räumte ein, dass ein Minister des Fürstentums das Recht immer auf seiner Seite hätte, was er auch tun würde. Er trüge das Recht sozusagen als eine Art Ratsherrenkette ständig um den Hals.

Frau Scheeps hatte sich seit dem Abend des Festes nicht mehr gemeldet.

Manchmal wurde ich wach, wenn meine Mutter endlich zu Bett ging, und hörte ihr gemurmeltes Stoßgebet: »Viktoria, lass dir was einfallen. Wenn mir jemand helfen kann, dann du. Bitte, Vicky. Gute Nacht.«

Der frühe Schnee war längst wieder getaut.

Der Briefträger war noch nicht in Sicht, als Elseline und ich uns auf den Schulweg machten. Als wir von der Löffelgasse in die Lord-Rumford-Straße einbogen, zog ein Eilbote unsere Aufmerksamkeit auf sich. Was wollte der wohl in der Gegend? Hier bekam niemand eilige Post. Es sei denn … es sei denn, Frau Scheeps hätte uns etwas Dringendes mitzuteilen! Wortlos wechselten wir Blicke, Elseline und ich. Und schon überquerte ich die Straße, um ihn anzuhalten.

»Sie wollen nicht zufällig zu Familie Ammerdal? Löffelgasse einunddreißig? Wir warten nämlich auf eine ganz bestimmte Nachricht.«

»Fräulein Tova Ammerdal – sind Sie das?«

Als Antwort machte ich meine Mappe auf und zeigte ihm die Etiketten auf den Heften und Büchern.

Elseline wollte sich gleichfalls ausweisen und kramte eifrig ihr Schönschreibheft und das Rechenheft heraus. »Ich heiße auch Ammerdal. Haben Sie ewentewell eine eilige Postkarte für Fräulein Elseline Ammerdal? Von einem gewissen Tobias?«

Denn der Milchbruder hatte gestern zum ersten Mal nicht auf uns gelauert. Auch heute fehlte er. Der Alle-zwei-Tage-Rhythmus war unterbrochen. Hatte Borries selbst ihn von der Pflicht entbunden? Oder war bei ihm daheim etwa wieder ein Tier krank geworden?

Der Mann lächelte wie über einen Kleinkinderscherz und beeilte sich, um aus diesem Unterstadtviertel herauszukommen.

Ich fetzte das Kuvert mit dem Zeigefinger auf.



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